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Im Konflikt zwischen Israel und der Hisbollah-Miliz im Libanon hat es am Mittwoch mehrere Gespräche zur möglichen Aushandlung einer Waffenruhe gegeben. Der neue Hisbollah-Chef Naim Kassem erklärte sich grundsätzlich zu einer Feuerpause bereit - allerdings nur zu den "Bedingungen" seiner Organisation. Die US-Sondergesandten Brett McGurk und Amos Hochstein reisten nach Israel, um mit der Regierung dort die Bedingungen für ein solches Abkommen zu besprechen.
"Wenn die Israelis entscheiden, dass sie die Aggression stoppen wollen, sagen wir, dass wir zustimmen, aber unter unseren Bedingungen", sagte Kassem am Mittwoch in seiner ersten Rede als Hisbollah-Chef, die im Hisbollah-Sender Al-Manar-TV ausgestrahlt wurde. Ein passender Plan für eine Waffenruhe liege derzeit nicht auf dem Tisch, fügte er hinzu. "Wir werden nicht um eine Waffenruhe flehen."
Kassem kündigte zugleich an, am "Kriegsplan" seines Vorgängers Hassan Nasrallah festzuhalten. Seine Miliz könne noch "Tage, Wochen und Monate" weiterkämpfen, betonte er. Einen Monat nach der Tötung Nasrallahs durch die israelische Armee hatte die Hisbollah dessen Stellvertreter Kassem zum Nachfolger ernannt. Die Miliz ist Teil der vom Iran angeführten "Achse des Widerstands", einem gegen Israel gerichteten Verbund, dem auch die radikalislamische Palästinenserorganisation Hamas im Gazastreifen und die Huthi-Miliz im Jemen angehören.
Auch Libanons Regierungschef Nadschib Mikati äußerte sich am Mittwoch zu einer möglichen Waffenruhe in seinem Land. "Wir geben unser Bestes (...), um in den kommenden Stunden oder Tagen eine Waffenruhe zu bekommen", sagte er in einem Interview mit dem Sender Al-Dschadid. Er sei "vorsichtig optimistisch", fügte der libanesische Regierungschef hinzu. Mikati sagte zudem, der US-Sondergesandte Amos Hochstein habe in einem Telefonat signalisiert, dass eine Waffenruhe noch vor der Wahl in den USA kommende Woche Dienstag möglich sei.
Der israelische Energieminister Eli Cohen teilte mit, das Sicherheitskabinett der Regierung berate die israelischen Bedingungen für eine Waffenruhe. "Es gibt Gespräche. Ich glaube, sie werden Zeit brauchen", sagte er im israelischen Radio.
Nach Angaben des israelischen Fernsehsenders Channel 12 erörterte Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu am Dienstagabend mit Ministern die israelischen Forderungen im Gegenzug für eine mögliche 60-tägige Waffenruhe. Dazu gehören demnach ein Rückzug der Hisbollah hinter den 30 Kilometer von der israelischen Grenze entfernten Litani-Fluss, die Stationierung der libanesischen Armee entlang der Grenze, ein internationaler Mechanismus zur Durchsetzung der Waffenruhe und die Garantie, dass Israel im Falle einer Bedrohung Handlungsfreiheit behält.
Unterdessen reisten die US-Gesandten Hochstein und Brett McGurk nach Israel, um dort über "Themen wie eine diplomatische Lösung im Libanon" zu sprechen sowie darüber, "wie wir den Konflikt in Gaza beenden können", sagte US-Außenamtssprecher Matthew Miller. "Wir wollen eine diplomatische Lösung, die es den Zivilisten im Libanon und in Israel erlaubt, in ihre Häuser zurückzukehren", fügte er hinzu. Dies beinhalte "letztendlich" auch eine Waffenruhe für den Libanon.
Die USA haben ihren Verbündeten Israel bisher nicht dazu aufgefordert, die Kämpfe im Libanon sofort zu beenden. Israel müsse aber "große Schäden" im Libanon vermeiden. "Wir haben deutlich gemacht, dass die Kampagne im Libanon nicht aussehen sollte, nicht aussehen darf, wie die Kampagne, die sie in Gaza geführt haben", sagte Miller weiter.
Bei den anhaltenden Kämpfen griff die israelische Armee am Mittwoch die Baalbek an - die größte Stadt im Ostlibanon, für die die Armee zuvor erstmals seit dem Beginn der Eskalation der Kämpfe vor mehr als einem Monat einen Evakuierungsaufruf ausgab. Angesichts bevorstehender Angriffe auf Hisbollah-Ziele forderte die israelische Armee auch die Bewohner mehrerer Dörfer in der Region Nabatijeh zum sofortigen Verlassen ihrer Ortschaften auf.
Ebenfalls in der östlichen Bekaa-Ebene griff die israelische Armee den Ort Sohmor an, wie das libanesische Gesundheitsministerium mitteilte. Dabei wurden demnach elf Menschen getötet und 15 verletzt. Zudem wurde der Fahrer eines Wagens, der Munition für die Hisbollah transportierte, in der Nähe von Beirut getötet, wie AFP aus libanesischen Sicherheitskreisen erfuhr. In einem nahegelegenen Dorf seien zwei Menschen bei einem weiteren israelischen Angriff auf einen Geländewagen getötet worden.
Die Hisbollah erklärte, sie habe drei Militärstützpunkte im Norden Israels mit Raketen und Drohnen angegriffen, darunter auch Ziele bei Haifa und Acre. Zudem hätten Kämpfer auf ein Trainingslager südlich von Tel Aviv mit Raketen beschossen.
Die Hisbollah-Miliz im Libanon hatte einen Tag nach dem Überfall der radikalislamischen Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 mit regelmäßigen Raketenangriffen eine zweite Front gegen Israel eröffnet. Als Reaktion beschoss Israel Ziele im Nachbarland. Seit einigen Wochen hat die israelische Armee ihre Angriffe auf Ziele der Hisbollah im Libanon deutlich verstärkt und zudem Ende September auch Bodeneinsätze gegen Stellungen der pro-iranischen Miliz im Südlibanon begonnen.
P.E.Steiner--NZN