Zürcher Nachrichten - Cannes: Iranischer Regisseur Jafar Panahi erhält Goldene Palme

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Cannes: Iranischer Regisseur Jafar Panahi erhält Goldene Palme
Cannes: Iranischer Regisseur Jafar Panahi erhält Goldene Palme / Foto: Antonin THUILLIER - AFP

Cannes: Iranischer Regisseur Jafar Panahi erhält Goldene Palme

Goldene Palme für einen heimlich gedrehten Film: "Ein einfacher Unfall" des iranischen Regisseurs und Dissidenten Jafar Panahi ist beim Filmfestival in Cannes am Samstag mit der begehrten Trophäe geehrt worden. Die Berliner Regisseurin Mascha Schilinski erhielt für ihren Film "In die Sonne schauen" den Preis der Jury. Der Polit-Thriller "The Secret Agent" bekam zwei Preise: für den besten Darsteller und für die beste Regie. Die Französin Nadia Melliti wurde als beste Darstellerin gekürt für ihr Filmdebüt in "Die jüngste Tochter".

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"Ein einfacher Unfall" handelt von fünf ehemaligen politischen Gefangenen, die ihrem mutmaßlichen Folterer begegnen. Für den hochpolitischen und gleichzeitig ironischen Film ließ sich der 64-jährige Panahi von seinen eigenen zwei Haftaufenthalten im Iran inspirieren. Der Film, den Panahi heimlich in seiner Heimat gedreht hatte, hatte bei seiner Premiere in Cannes acht Minuten lang Beifall erhalten.

Panahi wurde die Goldene Palme von Jury-Präsidentin Juliette Binoche und der Schauspielerin Cate Blanchett überreicht. In seiner Dankesrede rief Panahi "alle Iraner mit all ihren unterschiedlichen Meinungen, wo immer sie sind in der Welt" auf: "Lasst uns alle Probleme, alle Differenzen beiseitelegen. Was jetzt am Wichtigsten ist, ist unser Land und die Freiheit unseres Landes."

Panahi war es zum ersten Mal seit 15 Jahren gelungen, persönlich in Cannes zu erscheinen. Die iranischen Behörden hatten ihm lange die Ausreise aus dem Land verweigert.

Panahis Film ist eine deutliche Kritik an den Verhältnissen im Iran. "Am Ende macht der Film deutlich, dass es letztlich ein strukturelles Problem ist. Das Problem liegt bei der Regierung und nicht bei den Leuten, die im System gefangen sind", sagte Panahi im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AFP.

Er hoffe auch, "mit ganz normalen Menschen im Iran im Kino zu sitzen und diesen Film zu sehen", sagte er und kündigte an, trotz drohender Repressalien in seine Heimat zurückzukehren.

Die 41-jährige Schilinski nahm die Auszeichnung bei der Abschlussgala von der US-Schauspielerin Da'Vine Joy Randolph entgegen. Sie erhielt als einzige von sieben Regisseurinnen, die am Wettbewerb teilnahmen, einen Preis.

Sie habe "Schwierigkeiten gehabt, ihre Dankesrede zu schreiben", scherzte Schilinski mit Verweis auf einen mehr als fünfstündigen Stromausfall am Samstag. Durch den mutmaßlich durch Sabotage verursachten Blackout waren in Cannes und Umgebung Ampeln ausfallen lassen, 160.000 Haushalte waren ohne Strom. Nach Angaben der Organisatoren des Filmfestivals war die Verleihung der Filmpreise aber nie in Gefahr, weil das Filmfest auf eine eigene Stromversorgung ausweichen konnte.

Der Film "In die Sonne schauen" von Schilinski wurde beim Festival von den Kritikern gefeiert. "Der Film zeigt uns, dass Kino sich immer noch neu erfinden kann", schrieb "The Hollywood Reporter". Der Film spielt auf einem abgelegenen Hof in der ostdeutschen Altmark, auf dem sich die Lebensgeschichten von vier Frauen verschiedener Generationen kreuzen. "Wir wollten herausfinden, wie Traumata über Generationen hinweg unsere Körper prägen", sagte Schilinski.

Schilinski teilt sich den Preis der Jury dem spanischen Regisseur Oliver Laxe, der für das Roadmovie "Sirat" ausgezeichnet wurde, in dem ein Vater seine nach einer Rave-Party in Marokko verschwundene Tochter sucht. Das Melodram "Sentimental Value" des dänisch-norwegischen Regisseurs Joachim Trier wurde mit dem Großen Preis geehrt.

Der unter anderem als Favorit für die Goldene Palme gehandelte Polit-Thriller "The Secret Agent" des brasilianischen Regisseurs Kleber Mendonça Filho wurde zweifach ausgezeichnet. So gewannen der Hauptdarsteller Moura den Preis als bester Darsteller und Regisseur Mendonça Filho den Preis für die beste Regie. Der Film spielt in den 1970er-Jahren während der brasilianischen Diktatur und lässt Traum und Realität verschwimmen.

Eine kleine Sensation gab es bei der Preisverleihung für die beste Darstellerin: Die 23-jährige Melliti, eigentlich Sportstudentin, wurde für ihr Debüt in dem Film "Die jüngste Tochter" ausgezeichnet. "Es ist eine riesige Ehre, heute hier zu sein und an diesem sehr schönen Projekt teilgenommen zu haben", sagte Melliti auf der Bühne, nachdem sie ihren Preis entgegengenommen hatte. Der Film der französischen Schauspielerin und Filmemacherin Hafsia Herzi erzählt die Geschichte einer lesbischen und muslimischen Jugendlichen in einer Pariser Vorstadt.

M.Hug--NZN