Zürcher Nachrichten - Nach Tagen der Hoffnung droht erneut Eskalation in der Ukraine-Krise

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Nach Tagen der Hoffnung droht erneut Eskalation in der Ukraine-Krise
Nach Tagen der Hoffnung droht erneut Eskalation in der Ukraine-Krise

Nach Tagen der Hoffnung droht erneut Eskalation in der Ukraine-Krise

Nach vorsichtiger Hoffnung auf eine friedliche Beilegung der Ukraine-Krise zur Wochenmitte droht die Lage nun wieder zu eskalieren: Russland kündigte für Samstag ein Großmanöver unter Aufsicht von Präsident Wladimir Putin an und stockte seine Truppen an der Grenze zur Ukraine nach US-Angaben weiter auf. Zugleich hielten die Kämpfe in der Ostukraine an, nach Ansicht Washingtons könnte Moskau dies als Vorwand für "weitere Aggressionen" nutzen.

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Bei der Militärübung am Samstag würden strategische Truppen sowie ballistische Raketen einbezogen, erklärte das Verteidigungsministerium in Moskau. Beteiligt sein sollen die Luftwaffe, Armeeeinheiten aus dem südlichen Militärbezirk sowie die Schwarzmeer- und die Nordmeer-Flotte. Russland hatte in den vergangenen Tagen mehrere Teil-Abzüge von nahe der ukrainischen Grenze zusammengezogenen Truppen verkündet. Am Wahrheitsgehalt dieser Ankündigungen bestehen aber im Westen große Zweifel.

US-Verteidigungsminister Lloyd Austin warf Russland am Freitag vor, seine Truppen an der ukrainischen Grenze vielmehr weiter aufzustocken. "Tatsächlich sehen wir, dass weitere Soldaten in die Region, in diese Grenzregion, verlegt werden", sagte er bei einem Besuch in Warschau. Der ukrainische Verteidigungsminister Oleksij Resnikow sagte vor dem Parlament in Kiew, inzwischen befänden sich an den russischen Grenzen zur Ukraine rund 149.000 russische Soldaten - Kräfte der russischen Luftwaffe und Marine eingeschlossen.

Washington befürchtet einen sogenannten Angriff unter falscher Flagge in der Ukraine. Bevor Moskau die Ukraine angreifen würde, würde es demnach einen Vorwand dafür schaffen - etwa eine Gewalttat, für welche die Ukraine verantwortlich gemacht werde.

Russland heizt nach Einschätzung der USA die Lage in der Ostukraine bewusst an, um einen Vorwand für "weitere Aggressionen" zu haben. Die jüngsten Bombardements in der Region seien Teil der russischen Strategie, die darauf abziele, "falsche Provokationen zu schaffen, dann auf diese Provokationen zu reagieren und schließlich eine neue Aggression gegen die Ukraine zu verüben", sagte US-Außenminister Antony Blinken auf der Münchner Sicherheitskonferenz.

Zuvor hatte Blinken in einer kurzfristig anberaumten Rede vor dem UN-Sicherheitsrat gesagt, Russland könne nach Einschätzung der US-Geheimdienste einen Angriff auf das Nachbarland "in den kommenden Tagen" anordnen. Der Außenminister verwies auf von russischen Medien verbreitete Falschnachrichten, in denen von angeblicher ethnischer Säuberung oder "Völkermord" an russischsprachigen Menschen in der Ukraine die Rede sei.

Putin seinerseits warnte vor einer Zuspitzung der Lage in der Ostukraine: "Im Moment sehen wir eine Verschlechterung der Lage", sagte er in Moskau. Der ukrainische Verteidigungsminister Resnikow wies russische Anschuldigungen zurück, wonach sein Land einen Militäreinsatz gegen die Separatisten in der Ostukraine oder auf der Krim plane. Die Ukraine stärke lediglich ihre "Abwehr".

In der Ostukraine nimmt die Gewalt seit Tagen zu. Wie Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichteten, dauerten Bombardements in der Nähe des Dorfes Stanyzia-Luhanska auch am Freitag an. Am Donnerstag war ein Kindergarten in dem von der ukrainischen Armee kontrollierten Ort getroffen worden. Die ukrainische Armee und die pro-russischen Separatisten machten sich für den Vorfall gegenseitig verantwortlich.

Die Rebellen riefen am Freitag die Zivilisten in den von ihnen kontrollierten Gebiete auf, nach Russland zu gehen. Der Anführer der selbsternannten "Volksrepublik" Donezk, Denis Puschilin, sagte in einer Videobotschaft, derzeit werde die "Massenausreise" der Zivilbevölkerung in die Russische Föderation organisiert. "Frauen, Kinder und Senioren werden als erste in Sicherheit gebracht."

Auch der Chef der Separatisten in Luhansk rief die Zivilisten zur schnellstmöglichen Evakuierung nach Russland auf - "um zivile Opfer zu vermeiden".

Angesichts der sich zuspitzenden Lage beriefen die USA noch für Freitag einen virtuellen Krisengipfel ein, an dem die EU- und Nato-Spitzen sowie die Staats- und Regierungschefs Deutschlands, Frankreichs und weiterer westlicher Staaten teilnehmen sollten.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) verurteilte den russischen Truppenaufmarsch an der ukrainischen Grenze als "absolut inakzeptable" Drohung. "Heute, das müssen wir so deutlich sagen, droht neuer Krieg - mitten in unserem Europa", warnte sie auf der Münchner Sicherheitskonferenz. Zugleich erneuerte sie ebenso wie Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) die ablehnende Haltung Deutschlands zu Waffenlieferungen an die Ukraine.

N.Zaugg--NZN