Zürcher Nachrichten - Neuer Versuch zur Rettung von Zivilisten aus Mariupol gescheitert

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Neuer Versuch zur Rettung von Zivilisten aus Mariupol gescheitert
Neuer Versuch zur Rettung von Zivilisten aus Mariupol gescheitert / Foto: Genya SAVILOV - AFP

Neuer Versuch zur Rettung von Zivilisten aus Mariupol gescheitert

In der seit Wochen heftig umkämpften Hafenstadt Mariupol in der Südostukraine ist erneut ein Versuch der Evakuierung von Zivilisten gescheitert. Die für den Abtransport versammelten Menschen wurden am Samstag nach ukrainischen Angaben großteils von russischen Soldaten "auseinandergetrieben". Unterdessen wurden bei russischen Luftangriffen in der südlichen Metropole Odessa nach Angaben Kiews mindestens fünf Menschen getötet.

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200 Einwohner Mariupols hätten sich versammelt , um aus der Stadt weggebracht zu werden, woraufhin russische Soldaten die Menge "auseinandergetrieben" hätten, teilte der Vize-Bürgermeister der Stadt, Petro Andriuschtschenko, im Messengerdienst Telegram mit.

Einige dieser Einwohner seien gezwungen worden, Busse zu besteigen, die sie in die von den Russen kontrollierte Ortschaft Dokutschajewsk rund 80 Kilometer nördlich bringen sollten, fügte er hinzu. Die Menschen hätten nicht mehr aussteigen dürfen. Die russischen Soldaten führten laut Andriuschtschenko "Schüsse von ukrainischen Nationalisten" als Grund für ihr Einschreiten und die Änderung der Route an.

Bereits in der Vergangenheit waren mehrere Versuche gescheitert, Fluchtkorridore für Einwohner aus Mariupol zu öffnen. Moskau führt ins Feld, die strategisch wichtige Hafenstadt inzwischen erobert zu haben. Dies wird von Kiew jedoch bestritten.

Nach Angaben des ukrainischen Präsidialamtsberaters Oleksij Arestowytsch attackierte die russische Armee am Samstag wieder das Stahlwerk in der Stadt, in dem sich hunderte ukrainische Kämpfer verschanzt haben. Russland hat die dortigen ukrainischen Kämpfer wiederholt zur Kapitulation aufgefordert. Auf dem Industriegelände des Konzerns Asow-Stahl sollen sich auch hunderte Zivilisten befinden, die kaum Zugang zu Wasser oder Nahrung haben.

Das am Asowschen Meer gelegene Mariupol mit einst 450.000 Einwohnern gilt strategisch als äußerst bedeutsam. Die komplette Kontrolle über die Hafenstadt würde Russland helfen, eine direkte Landverbindung zwischen der annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim und den von den pro-russischen Separatisten im Donbass kontrollierten Gebieten herzustellen.

Der russische Generalmajor Rustam Minnekajew hatte am Freitag erklärt, Ziel der nun eingetretenen "zweiten Phase" der Militäroperation sei die Eroberung des Donbass und des Südens. Neben einer Landverbindung zur annektierten Krim-Halbinsel würde so auch eine bessere Unterstützung für prorussische Separatisten in Transnistrien in der Republik Moldau ermöglicht, erklärte er.

Dies schürte international die Befürchtung, dass sich der Ukraine-Krieg auf die ehemalige Sowjetrepublik Moldau ausweiten könnte. Die Regierung in Chisinau ist pro-westlich ausgerichtet und strebt wie Kiew eine EU-Mitgliedschaft an.

Die von russischen Nachrichtenagenturen verbreiteten Äußerungen Minnekajews deuten zudem darauf hin, dass Moskau neben der Einnahme von Mariupol auch die Eroberung von Odessa anstrebt.

Unter den mindestens fünf Todesopfern der jüngsten Luftangriffe in Odessa sei ein drei Monate alter Säugling, schrieb der Leiter der ukrainischen Präsidialverwaltung, Andrij Jermak, auf Telegram. Ferner seien mindestens 18 weitere Menschen verletzt worden. Jermak ging davon aus, dass die Opferzahl letztlich noch höher sein wird.

Die ukrainische Luftwaffe erklärte im Onlinenetzwerk Facebook, die russische Armee habe Raketen des Typs TU-95 vom Kaspischen Meer aus auf Odessa abgefeuert. Zwei Raketen hätten eine "militärische Einrichtung", zwei andere Wohngebäude getroffen. Zwei weitere Raketen konnten demnach von der ukrainischen Flugabwehr abgefangen werden.

Das Verteidigungsministerium in Moskau erklärte seinerseits, die russischen Streitkräfte hätten mit "Hochpräzisionsraketen" ein Waffendepot der ukrainischen Armee in Odessa zerstört. Dort sei ein "bedeutsames" Arsenal von aus den USA und europäischen Staaten gelieferten Waffen gelagert gewesen.

Im Osten der Ukraine kommen die russischen Truppen unterdessen nach Angaben Kiews bei ihrem Vormarsch langsamer voran als geplant. Der Gouverneur der Region Charkiw, Oleh Sinehubow, erklärte am Samstag, den ukrainischen Truppen sei es nach "erbitterten Kämpfen" gelungen, die nahe der russischen Grenze gelegenen Orte Besruki, Slatine und Prudjanka zurückzuerobern.

A.Senn--NZN