Zürcher Nachrichten - Russland zieht Soldaten von symbolträchtiger Schlangeninsel ab

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Russland zieht Soldaten von symbolträchtiger Schlangeninsel ab
Russland zieht Soldaten von symbolträchtiger Schlangeninsel ab / Foto: Bertrand GUAY - POOL/AFP/Archiv

Russland zieht Soldaten von symbolträchtiger Schlangeninsel ab

Die russische Armee hat sich nach gut vier Monaten von der ukrainischen Schlangeninsel im Schwarzen Meer zurückgezogen. Während Moskau am Donnerstag von einer "Geste des guten Willens" sprach, feierte Kiew den Abzug der Soldaten als wichtigen militärischen Sieg. Beim Nato-Gipfel in Madrid wies Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) den Vorwurf von Kreml-Chef Wladimir Putin, die Nato verfolge "imperiale Ambitionen", als lächerlich zurück.

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Der ukrainische Armeechef Walerij Saluschny lobte die ukrainischen Truppen im Onlinedienst Telegram für die Rückeroberung eines "strategisch wichtigen Teils unseres Territoriums". Die russischen Soldaten hätten die Schlangeninsel verlassen, "da sie dem Feuer unserer Artillerie, Raketen und Luftangriffe nicht standhalten konnten".

Der britische Premierminister Boris Johnson sagte, der Rückzug von der Schlangeninsel verdeutliche, dass die Ukraine in der Lage sei, die Russen zurückzudrängen. "Es wird sich für Putin letztlich als unmöglich erweisen, ein Land zu unterwerfen, das seine Herrschaft nicht akzeptiert", sagte Johnson beim Nato-Gipfel in Madrid.

Die Schlangeninsel gilt seit Beginn des russischen Angriffskriegs als Symbol des ukrainischen Widerstands. Die Besatzung des später gesunkenen russischen Kriegsschiffes "Moskwa" hatte die auf der Insel stationierten ukrainischen Grenzschützer am ersten Tag der Invasion aufgefordert, sich zu ergeben.

"F...k dich, russisches Kriegsschiff!", antwortete darauf ein Grenzschützer über Funk. Kurze Zeit später nahm die russische Armee die Insel ein. Die ukrainischen Soldaten wurden gefangen genommen und kamen später im Zuge eines Gefangenenaustausches frei.

Die Insel gilt auch als ein strategisch wichtiger Posten zur Überwachung der Seewege im nordwestlichen Teil des Schwarzen Meeres. Russland hatte versucht, auf der Insel Raketen- und Luftabwehrsysteme zu installieren.

Die ukrainische Armee attackierte die dort stationierten russischen Einheiten jedoch regelmäßig mit Drohnen. Zudem kann die Ukraine dank westlicher Waffenlieferungen inzwischen auch Raketen mit größerer Reichweite einsetzen, so dass die russischen Stellungen auf der Insel offenbar nicht mehr zu halten waren.

Das russische Verteidigungsministerium erklärte hingegen, die Soldaten hätten ihre Mission erfüllt und seien nun abgezogen worden, um der Ukraine den Export von Getreide über den Seeweg zu ermöglichen.

Die Ukraine zählt zu den wichtigsten Getreideproduzenten der Welt. Die Exporte sind wegen des russischen Angriffskriegs aber zum Erliegen gekommen. Der Westen wirft Russland vor, die in den Häfen blockierten Getreideexporte als Druckmittel einzusetzen. Die Ukraine beschuldigt Russland zudem, ihre Weizenernten aus den besetzten Gebieten im Süden des Landes zu stehlen.

Aus dem von Russland besetzten ukrainischen Hafen von Berdjansk lief am Donnerstag ein Schiff mit 7000 Tonnen Getreide an Bord aus. Die von Russland ernannte Verwaltung teilte mit, das Schiff werde von der russischen Marine begleitet. Der Hafen sei zuvor von Seeminen befreit worden, erklärte der Chef der pro-russischen Verwaltung, Ewgeni Balitski. Die Getreidelieferung sei auf dem Weg "in befreundete Staaten".

Russland setzte derweil die Bombardierung ukrainischer Städte fort. Bei einem Raketenangriff in der Stadt Mykolajiw im Süden des Landes wurden nach Angaben Kiews fünf Menschen getötet. Der Gouverneur der ostukrainischen Region Luhansk, Serhij Hajdaj, berichtete von massiven russischen Angriffen auf die Stadt Lyssytschansk im Donbass.

Das Verteidigungsministerium in Moskau teilte mit, dass Russland derzeit mehr als 6000 ukrainische Soldaten als Kriegsgefangene festhalte. Die Zahl ließ sich zunächst von unabhängiger Seite nicht überprüfen.

Der Ukraine-Krieg dominierte auch den Nato-Gipfel in Madrid. Bundeskanzler Scholz wies am Donnerstag den Vorwurf des russischen Präsidenten Wladimir Putin zurück, die Nato habe "imperiale Ambitionen". Das sei "ziemlich lächerlich", sagte Scholz zum Abschluss des Treffens. "Tatsächlich ist es Putin, der Imperialismus zum Ziel seiner Politik gemacht hat." Putin hatte am Mittwoch in der turkmenischen Hauptstadt Aschgabad gesagt, das Militärbündnis versuche durch den Ukraine-Konflikt seine "Vormachtstellung" zu behaupten.

W.Odermatt--NZN