Zürcher Nachrichten - Frankreichs Premierministerin umwirbt die Opposition und will EDF verstaatlichen

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Frankreichs Premierministerin umwirbt die Opposition und will EDF verstaatlichen
Frankreichs Premierministerin umwirbt die Opposition und will EDF verstaatlichen / Foto: BERTRAND GUAY - AFP

Frankreichs Premierministerin umwirbt die Opposition und will EDF verstaatlichen

Frankreichs Premierministerin Elisabeth Borne hat in ihrer Regierungserklärung die erstarkte Opposition umworben und die Verstaatlichung des Energiekonzerns EDF in Aussicht gestellt. Sie hielt sich in ihren am Mittwoch in der Nationalversammlung vorgestellten Vorhaben eng an die Wahlversprechen von Präsident Emmanuel Macron - insbesondere mit Blick auf den Bau neuer Atomkraftwerke, die Einstellung weiterer Sicherheitskräfte und mehr Geld für Lehrer.

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Auf die besonders umstrittene "Rente mit 65", die Macron sich auf die Fahnen geschrieben hatte, ging sie nur knapp und mit vorsichtigen Worten ein. "Ja, wir werden nach und nach ein wenig länger arbeiten müssen", sagte sie, ohne Zahlen zu nennen. "Unser Sozialmodell ist ein Paradox, es ist einerseits sehr großzügig, andererseits eins, bei dem am wenigsten lang gearbeitet wird", betonte sie. Daher sei eine Rentenreform nötig, aber sie werde Rücksicht auf Härtefälle nehmen.

Borne bekräftigte, dass Frankreich neue Atomkraftwerke bauen wolle. "Die Energiewende wird dank der Atomkraft gelingen", sagte sie und verwies darauf, dass Atomkraft "dekarbonisiert, souverän und wettbewerbsfähig" sei. Zugleich sollten die erneuerbaren Energien ausgebaut werden. Ziel sei "ein ausgewogener Energiemix mit erneuerbaren Energien und Atomkraft".

Zu diesem Zweck solle der Anteil des Staates am Energiekonzern EDF von derzeit über 80 auf 100 Prozent steigen. Dies ermögliche es EDF, "die ehrgeizigen und unerlässlichen Projekte für die Zukunft unserer Energieversorgung so schnell wie möglich umzusetzen", betonte sie. EDF betreibt in Frankreich 58 Atomkraftwerke.

Die Premierministerin sagte der Opposition "intensive Abstimmungen" für jedes Gesetzesvorhaben zu. "Wir werden jeden Gesetzestext mit dem Willen zum Dialog und zum Kompromiss angehen", sagte sie. Ihre Regierung ist durch den Verlust der absoluten Mehrheit des Wahlbündnisses von Präsident Emmanuel Macron bei den jüngsten Parlamentswahlen geschwächt.

"Eine relative Mehrheit ist kein Zeichen mangelnder Handlungsfähigkeit", betonte Borne. "Ein neues Kapitel unserer politischen Geschichte beginnt: eines der Mehrheiten je nach Gesetzesvorhaben", sagte sie. Abgeordnete des links-grünen Bündnisses Nupes hatten kurz vor ihrer Regierungserklärung einen Misstrauensantrag im Parlament eingebracht, der jedoch von den rechten Oppositionsfraktionen nicht unterstützt wird.

Als erstes wolle ihre Regierung ein Gesetz über die Stärkung der Kaufkraft auf den Weg bringen, kündigte Borne an. Es soll unter anderem die Deckelung der Preise für Strom und Gas für einen ungenannten Zeitraum fortsetzen. Renten und Sozialleistungen sollen erhöht werden. Auch ein Lebensmittelscheck für einkommensschwache Haushalte ist geplant. Die Rundfunkgebühren von 138 Euro im Jahr sollen abgeschafft werden. Borne bekräftigte, dass keine Steuererhöhungen geplant seien.

Borne, die erst die zweite Frau auf diesem Posten ist, sprach den Pionierinnen in der französischen Politik, unter ihnen ihrer Vorgängerin Edith Cresson und der Ministerin Simone Veil, Dank und Anerkennung aus. Sie ging auch auf ihre eigene Geschichte ein, ihre Kindheit als Mündel unter staatlicher Vormundschaft. Ihr Vater war aus einem Konzentrationslager entkommen und hatte sich später das Leben genommen. "Die Republik hat mir die Hand gereicht (...), und ich will ihr ein wenig von dem zurückgeben, was sie mir gegeben hat", sagte die 61-Jährige.

Die rechtspopulistische Fraktionsvorsitzende Marine Le Pen erklärte, dass es an der Regierung liege, ob es zu einer Blockade komme oder nicht. Die linkspopulistische Fraktionsvorsitzende Mathilde Panot warf der Regierung vor, "gegen die Bevölkerung" regieren zu wollen und kritisierte erneut, dass Borne auf die Vertrauensfrage nach der Regierungserklärung verzichtet hatte.

M.J.Baumann--NZN