Zürcher Nachrichten - Russische Großoffensive in der Ostukraine hat offenbar begonnen

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Russische Großoffensive in der Ostukraine hat offenbar begonnen
Russische Großoffensive in der Ostukraine hat offenbar begonnen / Foto: RONALDO SCHEMIDT - AFP

Russische Großoffensive in der Ostukraine hat offenbar begonnen

Die russische Armee hat offenbar ihre seit Wochen erwartete Großoffensive im Osten der Ukraine gestartet. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj teilte am Montagabend mit, "dass die russischen Truppen den Kampf um den Donbass begonnen haben". Damit sei nun "die zweite Phase des Kriegs" eingeleitet", erklärte der ukrainische Präsidentenberater Andrij Jermak.

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"Ein sehr großer Teil der ganzen russischen Armee wird nun für diese Offensive verwendet", sagte Selenskyj im Messengerdienst Telegram. "Egal, wieviele russische Soldaten dorthin gebracht wurden, wir werden kämpfen. Wir werden verteidigen", kündigte der Staatschef an.

Bereits zuvor hatte der Gouverneur der Region Luhansk, Serhij Hajdaj, im Onlinenetzwerk Facebook erklärt: "Es ist die Hölle. Die Offensive, von der wir seit Wochen sprechen, hat begonnen". Es gebe Kämpfe in Rubischne und Popasna und "unaufhörlich Kämpfe" in anderen bis dahin friedlichen Städten.

Dem Gouverneur zufolge wurde die Kleinstadt Kreminna von der russischen Armee eingenommen. Der ukrainische Präsidentenberater Oleksij Arestowytsch sagte hingegen dem Fernsehsender Ukraina 24, Kreminna sei "noch nicht von den russischen Besatzern erobert".

Bei dem Versuch, aus Kreminna zu fliehen, wurden laut Hajdaj vier Zivilisten von russischen Soldaten getötet. Vier weitere Zivilisten seien rund 20 Kilometer östlich von Kreminna in der Region Donezk getötet worden, teilte der dortige Gouverneur Pawlo Kyrylenko auf Telegram mit.

Kremmina liegt rund 50 Kilometer nordöstlich von Kramatorsk, der Hauptstadt der ukrainisch-kontrollierten Gebiete des Donbass. Andere Teile der Region werden bereits seit 2014 von pro-russischen Separatisten beherrscht. Die Eroberung weiterer Teile des Donbass würde es Russland ermöglichen, einen südlichen Korridor zu der 2014 annektierten Krim-Halbinsel herzustellen.

Im Süden der Region spitzte sich die Lage in der seit Wochen heftig umkämpften Hafenstadt Mariupol weiter zu. In einem dortigen Stahlwerk der Azovstal-Gruppe leisteten die verbliebenen ukrainischen Kämpfer erbitterten Widerstand gegen die russischen Angreifer.

Nach Angaben des Stadtrats suchten zudem mehr als 1000 Zivilisten in Kellergewölben unterhalb der Fabrik Zuflucht. Bei den dort untergekommenen Menschen handle es sich überwiegend um Frauen mit ihren Kindern sowie ältere Menschen, teilte der Stadtrat auf Telegram mit.

Die ukrainischen Behörden stoppten am Montag erneut die Evakuierung von Zivilisten aus Städten im Osten. Sie warfen den russischen Truppen vor, Fluchtkorridore zu blockieren und beschießen. Vize-Regierungschefin Iryna Wereschtschuk appellierte an Moskau, Fluchtkorridore von Mariupol nach Berdjansk zu öffnen. Sollte die russische Seite dies weiter verweigern, könnte dies Anlass für die spätere strafrechtliche Verfolgung der Verantwortlichen wegen Kriegsverbrechen sein, warnte sie.

Russland verstärkte zuletzt auch wieder seine Angriffe im Westen des Landes. Bei Raketenangriffen auf Lwiw, wo sich viele Flüchtlinge aufhalten, wurden nach ukrainischen Angaben mindestens sieben Menschen getötet. Nahe Lwiw zerstörte die russische Armee nach Angaben des Moskauer Verteidigungsministeriums ein großes Waffendepot, in dem aus dem Westen gelieferte Waffen gelagert gewesen sein sollen.

Unterdessen lieferten die USA jedoch neue Waffen an die Ukraine. Vier Flugzeuge hätten am Sonntag militärisches Gerät angeliefert, teilte ein hoher Vertreter des US-Verteidigungsministeriums mit. Dabei handelt es sich um die ersten Lieferungen aus dem neuen militärischen Hilfspaket im Volumen von 800 Millionen Dollar (rund 737 Millionen Euro), welches das Weiße Haus am Mittwoch angekündigt hatte.

Zu diesem Paket gehören 18 155-Millimeter-Haubitzen, 200 gepanzerte Personentransporter vom Typ M113, elf Mi-17-Hubschrauber, 100 weitere Panzerfahrzeuge sowie Artilleriemunition. Laut Pentagon-Sprecher John Kirby sollen US-Soldaten in den nächsten Tagen damit beginnen, ukrainische Militärs im Gebrauch der modernen 155-Millimeter-Haubitzen auszubilden.

Russlands Präsident Wladimir Putin verlieh derweil jener Brigade, der die Ukraine ein Massaker an Zivilisten in der Stadt Butscha vorwirft, den Ehrentitel einer "Garde". Die Auszeichnung wurde mit "Heldentum und Tapferkeit, Entschlossenheit und Mut" begründet.

A.Senn--NZN